Theorie

Für Klienten, die sich für den theoretischen Hintergrund meiner therapeutischen Arbeit interessieren, habe ich einen kurzen Artikel darüber verfasst:

Eine kurze Geschichte der systemischen Therapie

In der Geschichte der Psychotherapie stand zunächst das Individuum im Mittelpunkt des Interesses. Der Wiener Nervenarzt Sigmund Freud erstellte umfangreiche Hypothesen über die seelische Entwicklung des Menschen und entwickelte umfassende Erklärungsmodelle zur Entstehung und Behandlung psychischer Erkrankungen. In seiner Therapie wurden die Ursachen der zu behandelnden Symptome im Patienten gesucht. Alfred Adler brachte einen sozialen Aspekt in die Psychotherapie ein. Er betrachtete die Entwicklung von Störungen im Kontext des Patienten zu seiner sozialen Umgebung.

Der chilenische Neurobiologe Humberto Maturana entwickelte in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts in seinem Buch „Der Baum der Erkenntnis“ den Gedanken, der Mensch sei ein in sich geschlossenes, sich selbst erhaltendes System. Er nennt dies ein autopoietisches System. 

Was unsere Sinnesorgane (Augen, Ohren, etc.) wahrnehmen, sei zunächst einfach eine Art Rauschen, so wie ein Fernseher, der gerade keinen Sender empfängt. Dass das Gehirn daraus ein Bild, eine Musik oder einen wunderschönen Duft machen kann, beruht darauf, dass es einen Unterschied innerhalb des Rauschens festlegt und diesen Unterschied interpretiert. Dieses Erkennen muss erst gelernt werden. Ermöglicht man einem von Geburt an Blinder plötzlich zu sehen, kann er trotzdem nichts erkennen. Dass eine Ansammlung von vier Geraden und einer Fläche ein „Tisch“ sein kann, muss erst gelernt werden.  Diese Erkenntnis wird in uns bildlich und sprachlich abgelegt.

Vor allem unser sprachliches Denken folgt einer linearen Logik. Ein Ereignis hat immer eine Ursache: zum Beispiel fällt der Apfel auf den Boden, weil er sich vom Baum gelöst hat und es die Schwerkraft gibt.

Philosophen wie der Physiker Heinz von Foerster sagen, dass dies Beobachtungen seien, die aber nicht zwangsläufig mit der Realität übereinstimmen müssen, da diese vom Gehirn nicht erfassbar sei. Basierend auf dieser Annahme, den Erkenntnissen der Chaosforschung sowie der modernen Physik formulieren sie eine zirkuläre Logik der wechselseitigen Beeinflussung.

Was bedeutet dies für die Psychotherapie?

Nach Kurt Ludewig bedeutet die Annahme, der Mensch sei ein autopoietisches System, dass er nicht zielgerichtet von außen gesteuert werden kann. Äußere Impulse können zu einer zu einer Änderung des Verhaltens, deren Richtung aber nicht vorhersagbar ist. Das hieße, dass Psychotherapie zwar helfen kann, man kann aber nicht vorhersagen, was hinterher dabei herauskommt. Die tägliche Praxis zeigt hier immer wieder positive Überraschungen.

Im Sinne der zirkulären Logik erkundet der systemische Therapeut das Denken, Fühlen und die sozialen Bindungen seines Klienten wie die Landkarte eines unbekannten Kontinents. Er geht davon aus, dass die Sichtweise der Welt seines Klienten von der eigenen sehr verschieden sein kann. Er unterstützt den Klienten, eine neue Sicht auf die bestehenden Probleme zu entwickeln und regt ihn an, alternative Vorstellungen über die Zukunft zu aufzubauen. Oftmals zeigt sich, dass den Klienten neue Ideen zu Hause in der Zeit zwischen den Terminen kommen. 

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